Die unbegründete Hoffnung auf synthetische Kraftstoffe (E-Fuels) im Straßenverkehr

Aehr Test Systems Proterra Tesla Vulcan Energy Resources

Der Straßenverkehr muss klimafreundlicher werden, in diesem Punkt herrscht mittlerweile breiter Konsens in Europa. Mit welchen Technologien dies am besten erreicht werden kann, darüber gibt es jedoch immer wieder teils emotionale Diskussionen. Ein Ansatz, der häufig im Blickpunkt steht und zuletzt sogar für ein deutsches Veto beim geplanten EU-Verbrenneraus in 2035 gesorgt hat, ist der Antrieb von Autos mit synthetischen Kraftstoffen, auch E-Fuels genannt.

Im Rahmen unseres Research-Prozesses haben wir E-Fuels eingehend analysiert und dabei mit anderen nachhaltigen Antriebsarten verglichen. Wir kommen aus techno-ökonomischer Sicht zu der Einschätzung, dass sich batterieelektrische Antriebe im gesamten Straßenverkehr langfristig durchsetzen werden, weil sie E-Fuels in mehrerlei Hinsicht klar überlegen sind. In unseren Portfolios setzen wir daher u.a. auf die E-Fahrzeug-Hersteller Tesla und Proterra, den Lithium-Förderer Vulcan Energy Resources und den Halbleiterzulieferer Aehr Test Systems, dessen Produkte bei der Herstellung von Chips für E-Autos eingesetzt werden. Für E-Fuels sehen wir im Straßenverkehr, abgesehen von wenigen Nischen, praktisch keine sinnvollen Einsatzgebiete. Im folgenden wollen wir diese Sicht kurz erläutern.

Was sind E-Fuels?

E-Fuels sind künstlich hergestellte Treibstoffe, die als Alternative zu herkömmlichem Benzin und Diesel dienen. Sie bestehen – genau wie herkömmliche Kraftstoffe – aus Wasserstoff und Kohlenstoff, für ihre Herstellung werden jedoch keine fossilen Rohstoffe wie Erdöl benötigt.

Die Herstellung erfolgt in mehreren Schritten:

  1. Wasserstoffgewinnung Wasserstoff wird meist durch Elektrolyse gewonnen. Hierbei wird Wasser durch das Anlegen von elektrischem Strom in Sauerstoff und Wasserstoff aufgespalten. Um diesen Prozess umweltfreundlich zu gestalten, muss der Strom für die Elektrolyse aus nachhaltigen Energien (z.B. Solar- oder Windkraft) stammen. Der bisher hauptsächlich verfügbare, sogenannte graue Wasserstoff, der aus fossilem Erdgas gewonnen wird, kommt aufgrund der hohen CO2-Emissionen als nachhaltige Lösung nicht in Frage.

  2. Kohlenstoffgewinnung Kohlenstoff kann auf verschiedene Arten gewonnen werden, z.B. indem man Kohlendioxid direkt aus der Luft oder aus industriellen Abgasen einfängt (Carbon Capture). Eine weitere Möglichkeit ist die Nutzung von Biomasse, die ebenfalls Kohlenstoff enthält. Auch für die Kohlenstoffgewinnung wird nachhaltiger Strom benötigt.

  3. Kraftstoffsynthese Im letzten Schritt werden Wasserstoff und Kohlenstoff chemisch miteinander verbunden, um die gewünschten E-Fuels (z.B. Diesel und Benzin) zu erzeugen. Hierbei können verschiedene chemische Verfahren zum Einsatz kommen, z.B. die Fischer-Tropsch-Synthese.

Das größte Argument für E-Fuels ist, dass mit ihnen bestehende Verbrennungsmotoren ohne jegliche Nachrüstungen sofort CO2-neutral betrieben werden können, was natürlich ein großer Schritt in Richtung nachhaltigem Straßenverkehr wäre. Bisher sind E-Fuels allerdings nicht in ausreichend großen Mengen verfügbar und es ist davon auszugehen, dass sich dies auch in naher Zukunft nicht ändern wird.

Warum werden sich E-Fuels im Straßenverkehr nicht durchsetzen?

Auf Basis grundlegender technischer und ökonomischer Überlegungen halten wir E-Fuels für wenig sinnvoll, um den Straßenverkehr klimafreundlicher zu gestalten. Unsere drei Hauptgründe dafür sind:

  1. Niedrige Effizienz Mehrere ineffiziente Konvertierungsschritte (die drei oben genannten Herstellungsschritte sowie die Verbrennung im Motor) führen bei mit E-Fuels betriebenen Autos zu einer sehr niedrigen Energieeffizienz. Das heißt, sie erfordern wesentlich mehr Energie pro gefahrenem Kilometer als Elektroautos. Verbrennungsmotoren, die von E-Fuels angetrieben werden, wandeln heute ca. 16-20% der zu Beginn erzeugten Energie in nutzbare Energie um (dies könnte in Zukunft geringfügig mehr als 20% erreichen). Elektroautos dagegen wandeln bereits heute mehr als 75% der eingespeisten Energie in nutzbare Energie um (dies könnte in Zukunft mehr als 80% erreichen). Man benötigt für einen mit E-Fuels angetriebenen Verbrenner also ca. vier Mal mehr Energie pro gefahrenem Kilometer, als ein elektrisch betriebenes Fahrzeug mit Batterien. Energie ist ein erheblicher Faktor bei der Kostenstruktur des Straßenverkehrs und nachhaltige Energie wird – zumindest auf absehbare Zeit – nicht im Überfluss vorhanden sein. Folglich werden E-Fuels immer die teurere Option gegenüber elektrischen Antrieben bleiben. Das deutsche Umweltministerium schätzt, dass durch einen kompletten Umstieg auf Batterieautos in Deutschland der Elektrizitätsbedarf um ca. 16% steigen würde. Bei einem entsprechenden Umstieg auf E-Fuels würde die benötigte Strommenge um mehr als 66% steigen. Dies verdeutlicht erneut den Effizienznachteil von E-Fuels.

    Dieses Schaubild verdeutlicht die Unterschiede in den Effizienzen. E-Fuels (hier genannt “power-to-liquid”) schneiden mit Abstand am schlechtesten ab, Batterieautos (”direct electrification”) am besten. [Quelle](https://www.transportenvironment.org/wp-content/uploads/2020/12/2020_12_Briefing_feasibility_study_renewables_decarbonisation.pdf)
    Dieses Schaubild verdeutlicht die Unterschiede in den Effizienzen. E-Fuels (hier genannt “power-to-liquid”) schneiden mit Abstand am schlechtesten ab, Batterieautos (”direct electrification”) am besten. Quelle
  2. Limitiertes Verbesserungspotential Die in den kommenden Jahren zu erwartenden technologischen Verbesserungen bei Elektroautos sind deutlich größer als bei von E-Fuels angetriebenen Autos. Bei Verbrennungsmotoren handelt es sich um eine bereits ausgereifte Technologie und die Effizienz von E-Fuels stößt bald an physikalische Grenzen, z.B. die maximale Effizienz der Elektrolyse, die schlicht nicht überwunden werden kann. Im Gegensatz dazu haben Elektroautos und insbesondere die Batterietechnologie noch viel Raum für Verbesserungen, was Effizienz, Leistung und Kosten betrifft.

  3. Giftige Emissionen Wie auch bei fossilen Brennstoffen erzeugen Verbrennungsmotoren, die E-Fuels verbrennen, giftige Emissionen (z.B. Stickoxide und Kohlenmonoxid). Dies stellt eine vermeidbare Gesundheitsgefahr für die Bevölkerung dar, die bei Elektroautos nicht gegeben ist.

Da batteriebetriebene elektrische Antriebe praktisch überall die bessere und kostengünstigere Lösung darstellen, gehen wir nicht davon aus, dass E-Fuels sich im Straßenverkehr durchsetzen werden. Bislang werden sie – anders als E-Autos – ohnehin nur auf kleiner Skala produziert und es ist davon auszugehen, dass E-Fuels auch auf absehbare Zeit nicht in ausreichendem Maße vorhanden sein werden, um einen erheblichen Anteil des europäischen Straßenverkehrs zu bedienen. Unserer Einschätzung nach werden nicht nur Autos, sondern auch LKW und andere Arten von Nutzfahrzeugen in Zukunft zum allergrößten Teil elektrisch über Batterien angetrieben. Für E-Fuels bleiben im Straßenverkehr, wenn überhaupt, nur wenige Nischen, in denen Kosten, Effizienz und Emissionen eine untergeordnete Rolle spielen.

Im Flug- und Schiffsverkehr, wo das Ersetzen von fossilen Treibstoffen mit Batterieantrieb eine größere Herausforderung ist, sieht die Situation möglicherweise anders aus. Hier kann es ggf. mehr Potential für E-Fuels und auch wasserstoffbasierte Technologien geben.

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